Schadstofferkundung – Mehr als eine Pflicht
Die Recycling-Baustoff-Verordnung (RBV), oft mit „Schadstofferkundung“ gleichgesetzt, ist nicht eine lästige Pflicht, die das Bauen noch komplizierter und teurer macht, wie manche behaupten. Deren Zielvorgaben nicht zu beachten kann in mehrfacher Hinsicht viel teurer sein und Mensch und Umwelt zusätzlich Schaden zufügen. Warum?
Das Baugrundrisiko ist jedem Immobilieninvestor seit vielen Jahren ein Begriff und fixer Bestandteil jeder Anbotskalkulation beim Ankauf einer Immobilie. Denn das Risiko durch industriell kontaminierte Böden, vergrabene Fässer mit Lösungsmittel etc. ist bestens bekannt, weil schon viele deshalb viel Geld verloren haben.
Doch was für die Historie des Baugrunds unter der Oberfläche gilt, gilt analog auch für den sichtbaren Teil, den Gebäudebestand. Auch hier wurden in den letzten 100 und mehr Jahren viele Schadstoffe als Baustoffbestandteile verbaut, die manchmal technisch bis heute ihre Funktion als Asbestzementdach, Teerabdichtung, Mineralwolle, PCB-Fassadenfuge oder FCKW-haltige XPS-Platte etc. erfüllen, manchmal in Boden-, Wand und Dachaufbauten, Schächten und dergleichen „versteckt“ sind. Mit dem Abbruchbescheid wird aus den Gebäudebaustoffen Abfall, da, wie es juristisch heißt, „Entledigungsabsicht“ besteht. Und aus dem stolzen Gebäudebesitzer wird ein Abfallbesitzer, mit allen Pflichten.
Zu diesen zählt es, spätestens seit Inkrafttreten der RBV am 1.1.2016, gefährliche Abfälle wie Asbest, Mineralwolle, PCB und FCKW von nicht gefährlichen zu trennen, bevor der maschinelle Abbruch des Gebäudes erfolgt. Mehr noch: Neben diesen Schadstoffen müssen auch alle Störstoffe wie Gipsprodukte, Holz, Kunststoffe etc. vor dem Abbruch des Gebäudes entfernt werden, um sicherzustellen, dass die entstehenden mineralischen Abbruchmaterialien Beton und/oder Ziegel so sauber anfallen, dass sie als Recycling-Baustoffe wiederverwendet werden können.
Daher muss die Dokumentation des Rückbaus mindestens sieben Jahre nach Abschluss des Abbruchs eines Bauwerks aufbewahrt und den Behörden auf Verlangen vorlegt werden (RBV §4(5)). Das Finanzamt interessiert insbesondere, ob die ALSAG-Deponiegebühren vollständig bezahlt wurden, sonst drohen dem Bauherrn als Abfalleigentümer Nachzahlungen und Strafen.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die in der RBV §6(1) definierte Trennpflicht. Bei Bau- und Abbruchtätigkeiten sind gefährliche Abfälle von nicht gefährlichen zu trennen. Diese Trennpflicht besteht immer! Ab 750 t anfallenden Bau- und Abbruchabfällen definiert die RBV in §4 über zwei Normen Art und Umfang der Dokumentation. Vielfach wird diese 750 t Vorgabe auch als Untergrenze verstanden, ab wann sich der Gebäudeeigentümer um gefährliche Abfälle kümmern muss. Definitiv ein Irrtum, da die Trennpflicht für jede (!) anfallende Abfallmenge gilt. Und diese kann logischerweise nur erfüllt werden, wenn eine fachkundige Person durch eine Begehung diese identifiziert oder eben deren nachweisliche Abwesenheit feststellt und dies dokumentiert hat.
Als sehr empfehlenswert hat sich in den letzten Jahren die (gesetzlich nicht geregelte) Rückbaubegleitung erweisen. Das heißt, dass der Schadstofferkunder oder eine andere fachkundige Person, den Schad- und Störstoffrückbau der Abbruchfirma begleitet, um eine gesetzeskonforme und kosteneffiziente Umsetzung sicherzustellen.
Wichtig ist auch, dass gemäß RBV §4(3) gefordert ist, dass bei der Erkundung jene Bauteile zu dokumentieren sind, welche einer Wiederverwertung zugeführt werden können. Damit kann die anfallende Abfallmenge reduziert werden. Der von bauXund regelmäßig dafür dem Bauherrn empfohlene Kooperationspartner ist „Baukarussell“, deren Kerngeschäft diese Bauteil-Weitervermittlung ist. Eine win-win Situation ist so für alle möglich und ein weiteres Argument, warum eine genaue Abbruchplanung und -umsetzung mehr als eine Pflicht ist.