Dr. Robert Korab, raum & kommunikation GmbH

Dr. Robert Korab, raum & kommunikation GmbH

„Ich will Dinge in die Welt bringen“

Interview mit Dr. Robert Korab, raum & kommunikation GmbH

Das Interview führt Dr. Thomas Belazzi, Geschäftsführer der bauXund gmbh

Belazzi: Wie hat deine Geschichte mit Bauen begonnen? Für einen promovierten Physiker ist es ja nicht unabdingbar, in der Baubranche zu arbeiten.

Korab: Mit 17 Jahren wollte ich Architektur studieren. Doch schließlich habe ich mich für ein Physik/Wissenschaftstheorie/Astronomie Studium entschieden. Lange habe ich Energieforschung gemacht, immer Wissenschaft mit Umweltpolitik verknüpft.
Später war ich Mitbegründer des Projekts „Sargfabrik“, Vorstand in diesem Verein und damit erstmals in der Bauherrnrolle, damit war ich beim Bauen angelangt. Gleichzeitig war ich Mitglied der Gründungsgruppe des Österreichischen Ökologie Instituts, dort habe ich den Bereich „Ökologisches Planen und Bauen“ 1986 neu gegründet.
1995 hat der damals neu als Stadtrat tätige Werner Faymann das bis heute verwendete System der Bauträgerwettbewerbe ins Leben gerufen. Der Druck, ökologische Kriterien im Wohnungsbau zu berücksichtigen, stieg damit deutlich. Ich wurde Beiratsmitglied im Grundstücksbeirat und habe zusammen mit Kunibert Wachten, Peter Scheifinger, Winfried Kallinger und Wilfried Rant ein Bewertungsschema für Wohnbauprojekte aufgesetzt. Architektur/Ökonomie/Ökologie in jeweils Drittel-Parität. Erstmals wurde Ökologie hoch gewichtet.

Belazzi: Wenn man sich deine Homepage anschaut, dann deckst du ja ganz viele Themen ab. Technisches Büro für Raumplanung, Bauträger WoGen, Generalplaner, Projektentwicklung, Projektsteuerung, MO.Point Mobilitätsanbieter, Bausystementwickler SMAQ usw.

Korab: Es entwickelte sich aus einer Alltagsbiografie eine Berufsbiografie. Das ist der Grund, warum ich nicht auf einer Universität arbeite, sondern Bauprojekte umsetze oder Flächenwidmungs- und Bebauungspläne erstelle. Ich will Dinge in die Welt bringen. Tun statt darüber reden, wie sie passieren könnten.
Mir ist wichtig im Leben, dass die Welt besser wird, umweltpolitisch und sozial. Mir als Unternehmer ist aber das Unternehmerische wichtig: sozial, gemeinschaftlich, kooperativ, das Arbeiten in Verbünden, mit Kolleginnen und Kollegen. Da geht’s mit nicht um die individuelle Exzellenz, sondern darum, in einer Gruppe etwas weiterzubringen.
Ich bin stolz, Unternehmer zu sein. Unternehmer heißt für mich, etwas weiterbringen, nicht einen riesigen Profit machen. Gewinn machen ist eh klar, damit kann unser Unternehmen seine MitarbeiterInnen gut bezahlen und nachhaltig gut wirtschaften. Ein wirtschaftlich starkes Unternehmen ist die Voraussetzung für gutes Tun. Ich will keine Subsistenzgeschichten.

Belazzi: Aus deiner Beschäftigung mit Stadt- und Raumplanung ist der Mobilitätsanbieter entstanden?

Korab: Es geht heute um Mobilität in einem sehr breiten Spektrum: Teilen statt Nutzen, Umweltverbünde, Maßnahmen wie Carsharing, Bring- und Hol-Dienste. Wir haben für das Baulogistik-Projekt RUMBA 2007 den Staatspreis Verkehr bekommen und 2015 für das „Mobilitätskonzept Hauptbahnhof“ noch eine Nominierung. Wir haben dort ein multimodales Mobilitätsangebot formuliert und einen Mobilitätsfonds, in den Bauträger einzahlen, vorgeschlagen.
Das MO.Point Konzept wurde über eine FFG Ausschreibung zu Wohnen und Mobilität entwickelt und bei einem ÖSW-Projekt im 23. Bezirk erstmals umgesetzt, das bis heute läuft. MO.Point hat viele Projekte in Entwicklung, die in den kommenden Jahren aktiv werden, etwa am Nordbahnhof oder in der Berresgasse. Der Weg zu geteilter Mobilität ist aber noch ein weiter. Dinge wie Buchen und Vorbuchen statt spontan zum eigenen Auto zu gehen und wegzufahren, verlangt eine Verhaltensänderung, die für viele schwierig ist.

Belazzi: Als Projektentwickler erlebst du ja hautnah die Diskussion zwischen billig und nachhaltig bauen. Was ist deine Meinung dazu?

Korab: Es geht da in die falsche Richtung. Weniger dämmen, Plastikfenster in immer kleinere Wohnungen, keine Lüftung. Kostengünstiger bauen bedeutet leider in der Regel weniger Qualität und mehr Betriebskosten. Vorsorgewohnungen in Wien mit 40 m2 um 15 Euro Miete den Quadratmeter. Scheinbar leistbar, in Wirklichkeit aber klein und teuer. Komplett der falsche Weg.

Belazzi: Was wären richtige Ansätze?

Korab: Wir haben etwa für die WoGen zusammen mit feld 72 Architekten einen Appartmentcluster mit Kleinwohnungen entwickelt. Clusterwohnungen ähnlich einer Wohngemeinschaft, 25-35 m2 privater Wohnraum mit Bad und Kleinküche und 100 m2 geteilter Gemeinschaftsbereich mit Küche und Wohnzimmer. Das ist qualitätvoller, billiger und sozialer.
Beim SMAQ Bausystem ist unser Ziel, industriell vorgefertigte Systemlösungen einzusetzen und Baukosten zu reduzieren. Ein prämiertes, in hohem Maß vorgefertigtes Bausystem, bestehend aus Holz- und Stahlbetonfertigelementen, die vor Ort montiert werden. Das ist richtig bauen mit Systembaukasten. Da gibt’s ja neben SMAQ auch schon einiges am Markt. Etwa Kaufmann Bausysteme in Vorarlberg. Auch da spielen Ökologie und Ökonomie wunderbar zusammen. So geht kostengünstiges Bauen!

Belazzi: Die Nachfrage nach Gebäudezertifizierung steigt in Österreich. Ein sinnvoller Trend?

Korab: Nur wenn die Zertifizierung in der Planung fest integriert wird, dann ist sie für mich sinnvoll, weil dann der Qualität der Planung der Spiegel vorgehalten wird. Und damit ein Lernprozess gestartet wird.

Belazzi: Helfen gesetzliche oder normative Rahmenbedingungen substantiell beim nachhaltigen Bauen? Oder stören sie eher?

Korab: Manche Bereiche sind unterreguliert: In den Bereichen Kühlung und Innenraumkomfort gibt es keine Vorsorgen für den Klimawandel. Hier wären dringend Maßnahmen erforderlich. Auf der anderen Seite gibt es dann Normen bzw. die Interpretation von Normen, die extrem überschießend sind. Wo die Verschärfung ein mittlerweile geringfügiges Risiko nur geringfügig verbessert, aber exorbitante Kosten verursacht. Das ist amerikanisches Versicherungsdenken, das ist ein neues Phänomen. Scheinbare Sicherheit, die ins Leere läuft. Etwa im Brandschutz und verschiedenen Sicherheitsfragen.

Belazzi: Letzte Frage: Wenn du einen Wunsch an die Fee hast, welcher wäre dies?

Korab: Unser Materialverbrauch als Volkswirtschaft ist viel zu hoch und weit weg von nachhaltig. Die Bauwirtschaft ist für ca. 40 % aller Massenströme verantwortlich. Mein Wunsch an die Fee ist, diesen zu halbieren. Durch Rückbaubarkeit, Demontierbarkeit, höhere Recyclingquoten, Leichtbau. Das wäre auch ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit. Und dort müssen wir dringend hin.

Wien, August 2019