Dipl.-Ing. Marcel Huber, Geschäftsführer und Mitbegründer des Tiroler GreenTech-Unternehmens Syncraft

Dipl.-Ing. Marcel Huber © Syncraft

Grüner Kohlenstoff für klimapositive Zukunft

Interview mit Dipl.-Ing. Marcel Huber, Geschäftsführer und Mitbegründer des Tiroler GreenTech-Unternehmens Syncraft, dem Erfinder des Rückwärtskraftwerks, das leistbare grüne Energie und Grünen Kohlenstoff erzeugt.

Das Interview führt Dr. Thomas Belazzi, Geschäftsführer der bauXund gmbh.

Belazzi: Bitte um kurze Vorstellung Ihrer Person und der Syncraft.

Huber: Ich habe am Management Center Innsbruck Verfahrenstechnik studiert. Schon gegen Ende des Studiums habe ich begonnen, mich mit innovativer Energiegewinnung aus Holz zu beschäftigen. Daraus entstand 2009 die Syncraft GmbH in Schwaz nahe Innsbruck als Spin-off des MCI Innsbruck. Die von Syncraft entwickelten Rückwärtskraftwerke erzeugen aus Waldrestholz leistbare, grüne Energie in Form von Strom und Wärme und Grünen Kohlenstoff. Wir liefern Anlagen mit einer Leistung von 500 kW bis 4.000 kW.

Belazzi: Grüner Kohlenstoff? Ich dachte immer Kohlenstoff sei schwarz (lacht).

Huber: Eine sehr berechtigte Anmerkung. Im Englischen ist es einfach. Da heißt der von uns erzeugte Kohlenstoff „biochar“. Die direkte Übersetzung auf „Biokohle“ wird häufig angewendet, ist aber für unser Produkt unpassend, da der Begriff „Bio“ schon anderweitig belegt ist. Manchen fiel dann „Pflanzenkohle“ ein, aber dieser Ausdruck ist nicht eindeutig, weil Pflanzenkohle nicht etwas für die Pflanze ist. Holzkohle geht aus leicht verständlichen Gründen auch nicht. Daher haben wir uns an die Farbenlehre des Wasserstoffs angelehnt. Wasserstoff wird heute auch aus unterschiedlichen Quellen erzeugt. Wenn er durch Elektrolyse mit erneuerbarer Energie hergestellt wird, heißt er „Grüner Wasserstoff“. Ist er aus fossilen Quellen oder Atomenergie, bekommt er die Farben grau oder rosa usw. So sind wir beim Begriff „Grüner Kohlenstoff“ gelandet, eine saubere Benennung für unseren Kohlenstoff aus dem erneuerbaren Rohstoff Holz, denke ich.

Belazzi: Was ist das Besondere am Grünen Kohlenstoff?

Huber: Der Grüne Kohlenstoff von Syncraft ist aus dem CO2, das die Bäume mit Photosynthese aus der Atmosphäre entnommen haben. Für den Klimaschutz ist es sehr wichtig, dass dieses CO2 aus der kostenfreien Leistung der Bäume nicht durch normale Verbrennung des Holzes in Biomassekraftwerken wieder direkt in die Atmosphäre gelangt, sondern bei der Energiegewinnung zumindest teilweise als Kohlenstoff eingefangen wird. Und wenn dann dieser Grüne Kohlenstoff etwa in Beton langfristig gebunden wird, dann ist er der Atmosphäre entzogen und unterstützt gleichzeitig die so dringend notwendige Dekarbonisierung der Industrie.

Belazzi: Für welche Branchen ist der Grüne Kohlenstoff besonders wichtig?

Huber: Das sind für uns insbesondere zwei, die Metallurgie und die Bauwirtschaft.

Belazzi: Bleiben wir bei der Bauwirtschaft. Ist der Grüne Kohlenstoff aus der Syncraft-Anlage direkt als Zuschlagstoff in Beton einsetzbar?

Huber: Nein. Das haben schon einige erfolglos versucht. Wichtig zu erwähnen ist, dass unser Grüner Kohlenstoff sich ganz anders als Flugasche verhält, welche ebenso in Betonrezepturen verwendet wird. Er wird von Spezialisten wie CarStorCon Technologies GmbH und ecoLocked GmbH mit viel Know-how zu Technischem Kohlenstoff modifiziert und für die Bauindustrie anwendbar gemacht. Einerseits stellen diese den Grünen Kohlenstoff als Zuschlagsstoff, wie etwa „Clim@Add“, zur Verfügung. Andererseits agieren sie in diesem Bereich als Know-how-Lieferant für Rezepturmischungen. Der nächste in der Kaskade ist dann der Betonhersteller, der daraus Transportbeton für Fundamente, Decken, Wände usw. macht oder fertige Produkte wie Betonsteine oder Fertigteile.

Belazzi: Jetzt müssen die Bauherrn nur mehr bestellen.

Huber: Genau. Hier ist derzeit noch Luft nach oben. In Westösterreich und der Schweiz gibt’s schon einige Bauvorhaben wie Mehrfamilienhäuser, öffentliche Bauvorhaben. Auch bei der Errichtung unseres neuen Firmensitzes in Schwaz wurde der Kohlenstoffbeton verwendet. Ostösterreich hat im Bereich Transportbeton einen First Mover, der diese Produkte in sein Sortiment aufgenommen hat. Mit dem Zuschlag von Grünem Kohlenstoff bekommt Beton eine viel bessere Ökobilanz, je nach Rezeptur auch klimapositiv. Das vorher erwähnten Clim@Add Zuschlagstoff hat auch schon ein EPD, das heißt, hier kennen wir die Ökobilanz-Kennzahlen ganz genau. Da ist alles sehr transparent.

Belazzi: Was ist mit der Ziegelindustrie? Die braucht doch auch Gas zum Ziegelbrennen?

Huber: Zu unseren Kunden als Anlagenerrichter zählen Kommunen, Stadtwerke, regionale Energieversorger, Contracting-Anbieter für Stadtwerke sowie Gewerbebetriebe mit Eigenversorgung. Zu letzteren zählen etwa Hotels mit großer Therme, Molkereien, Brauereien und Holzverarbeiter. Ziegelhersteller sind derzeit noch nicht dabei. Das grüne Synthesegas aus unseren Anlagen würde sich hervorragend zum Ziegelbrennen eignen, der gleichzeitig erzeugte Grüne Kohlenstoff könnte an andere Nutzer weiterverkauft werden.

Belazzi: Was kostet Grüner Kohlenstoff?

Huber: Wir verwerten ausschließlich Waldrestholz. Dieses hat eine gleichbleibende Qualität, was für die Produktion wichtig ist und ist mit etwa 100 Euro / Tonne günstig. Aus einer Tonne Holz machen wir etwa 200 kg Grünen Kohlenstoff. Dieser Faktor 5 vom Rohstoff definiert damit wesentlich den Kohlenstoffpreis. Die CO2 credits für Grünen Kohlenstoff werden derzeit bei bis zu 190 Euro pro Tonne gehandelt1, gekauft etwa von IT-Firmen, um ihre CO2-Bilanz zu verbessern. Weitere Wertschöpfungen sind der produzierte Ökostrom und die Wärme. Durch diese Koppelung kann Syncraft günstig Grünen Kohlenstoff produzieren. Derzeit kostet er etwa 300 Euro pro Tonne und ist die Grundlage für die vorher erwähnten modifizierten Betonzuschlagstoffe. Ich gehe davon aus, dass der Preis mittelfristig signifikant steigen wird. Das Bauwerk mit Grünem Kohlenstoff kostet aus dieser Position unwesentlich mehr, seine CO2-Bilanz ist aber viel besser.

Belazzi: Wo stehen heute die Syncraft Rückwärtskraftwerke?

Huber: Unser Kernmarkt ist DAICH, das heißt Deutschland, Österreich, Italien und die Schweiz. Aber es gibt auch Anlagen etwa in Kroatien und Japan.

Belazzi: Wieviel Megawatt-Anlagenleistung kommen jährlich dazu und wie groß ist die Kapazität aller errichteten Syncraft Anlagen bis heute?

Huber: Wir errichten derzeit jährlich 5 MW im DAICH-Raum. 5 MW heißt 5.000 t Grüner Kohlenstoff. Die gesamte Syncraft Flotte aus etwa 40 Anlagen produziert bereits 30.000 t Kohlenstoff pro Jahr. Das heißt, unsere Kraftwerke entlasten derzeit die Atmosphäre um fast 100.000 Tonnen CO2 jährlich. Darauf sind wir stolz. Aber wir werden zukünftig viel mehr schaffen. Das globale Ziel liegt im Gigatonnen-Bereich. Bis dahin ist es noch ein langer Weg, aber wir möchten jedenfalls einen bedeuteten Beitrag dazu leisten.

Belazzi: Das ist eine mächtige Skalierung.

Huber: Vor dieser haben wir keine Angst, wir sind darauf vorbereitet. Es fehlt derzeit der klare Call der Industrie für Grünen Kohlenstoff. Dieser ist der Schlüssel zur Dekarbonisierung der Industrie, sowohl der Metallurgie als auch der Bauwirtschaft. Die Wahrnehmung ist bereits da. Wir brauchen viel mehr und noch größere Bauprojekte, die das Vorleben. Wir müssen vom Reden und Planen ins Tun kommen.

Belazzi: Letzte Frage: Wenn Sie einen Wunsch an die Fee hätten, der in Erfüllung geht, was wäre dieser?

Huber: Dass die Menschheit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Klimakrise folgt. Es liegen alle Fakten seit langem auf dem Tisch. Und wir brauchen ein klares Verständnis, welche unglaubliche Rolle der Grüne Kohlenstoff für eine klimapositive Zukunft leisten kann.

1Quelle: https://www.cdr.fyi

Wien, im Dezember 2024