Manfred Wachtler © SÜBA AG
Mikrowindturbinen auf Kran © Sebastian Marko/Alpsolut
Mikrowindturbinen auf Kran © Sebastian Marko/Alpsolut
Montage Mikrowindturbine © Sebastian Marko/Alpsolut
„Das Ziel: Klimafitte Baustelle“
Interview mit Manfred Wachtler, Vorstand der SÜBA AG.
Das Interview führt Dr. Thomas Belazzi, Geschäftsführer der bauXund gmbh.
Belazzi: Ich ersuche Sie um eine Vorstellung von Ihnen und der SÜBA AG.
Wachtler: ich bin seit 2020 Vorstand der SÜBA. Wir sind seit mehr als 40 Jahren am Markt mit Wien als Headquarter sowie in Budapest und München mit Niederlassungen vertreten. Wir sind in den Assetklassen Wohnen, Büro, Gewerbe und seit 2 Jahren im Bereich Datencenterentwicklung tätig. Aktuell entwickeln wir zwei Leuchtturmprojekte in Wien und Schwechat, die beide Plusenergiequartiere sein werden, das heißt, dass sie mehr Energie im Jahr produzieren als sie verbrauchen. Für beide liegt bereits eine Baugenehmigung vor. Der Schwerpunkt liegt bei uns auf Quartiersentwicklungen mit dem Fokus Plusenergie und EU-Taxonomie-Konformität. Wir streben für unsere Projekte stets die höchstmöglichen Auszeichnungen an.
Belazzi: Die Nachhaltigkeit ist seit einigen Jahren in der Immobilienbranche ein zentrales Thema, auch wenn es sehr große Unterschiede in der Umsetzung zwischen den Bauträgern gibt. Dabei geht es vorrangig um die Planung des Objekts und dessen Betriebsphase. Mir ist aufgefallen, dass die Nachhaltigkeit in der Bauphase selbst von fast allen ausgeblendet wird, obwohl diese in der Regel ein bis zwei Jahre dauert und auch reichlich Energie verbraucht. Offensichtlich ist dieses Nichtbeachten der Bauphase auch der SÜBA aufgefallen, denn sind dazu sehr aktiv…
Wachter: Nachhaltigkeit bzw. ESG ist seit vielen Jahren ein zentrales Thema in unserer Projektentwicklung. So sind wir bereits vor 8 Jahren aus der Verwendung von fossilen Energieträgern ausgestiegen. Die Energieeffizienz der Immobilie ist eine zentrale Planungsvorgabe bei uns in der SÜBA AG. Und daher war es für uns klar, dass ab sofort auch der Bauprozess davor klimafit sein muss.
Belazzi: Was waren da die Zielsetzungen?
Wachtler: Wir haben schon vor einigen Jahren begonnen, dieses Thema zu bearbeiten. Bei den Verhandlungen mit Generalunternehmern war dies für sie früher nie ein Thema. Die Frage war: Wie und wo können wir den Energieverbrauch reduzieren und was müssen wir dafür ändern?
Belazzi: Was war Ihre Vorgangsweise?
Wachtler: Wir haben unterschiedliche Themen, teilweise parallel, erprobt. Erstens den Einsatz von Wasserstoff für einen mobilen Wasserstoff-Generator. Da gab es sehr viele Hürden, sowohl technisch als auch von Behördenseite. Schlussendlich haben wir für etwa drei Wochen mit einem Wasserstoff-Generator den Strombedarf der Baucontainer abgedeckt und damit zeigen können, dass Wasserstoff eine Alternative zu Diesel sein kann. Es ist uns aber klar, dass der verwendete Wasserstoff derzeit fast immer kein grüner, sondern ein fossiler ist, daher macht heute eine breitere Wasserstoff-Anwendung auf der Baustelle ökologisch wenig Sinn. Wir konnten aber zeigen, dass die Technologie selbst verfügbar und anwendbar ist.
Belazzi: Was war der nächste Schritt?
Wachtler: Wir wollten den Stromverbrauch auf der Baustelle reduzieren, dazu muss man als erstes die Verbräuche kennen: Container mit Heizung, Kühlung und Warmwasser, der Baubetrieb mit Kränen, Baufahrzeugen, Bagger, Rüttelplatten usw. Wir überzeugten den Generalunternehmer auf unsere Kosten ein Strommengen-Monitoring auf einer unserer Baustellen zu machen. Am Beginn war sehr große Skepsis, manche auf der Baustelle fühlten sich überwacht. Der erste Umsetzungsschritt war eine intelligente Verteilerstationen, die Verbräuche für Heizung und Kühlung einerseits raumweise misst, andererseits über Thermostate den Verbrauch steuert. Dazu haben wir in Kooperation mit der Firma Tele Haase eine App entwickelt, die nun sehr erfolgreich zum Einsatz kommt.
Belazzi: Wie funktioniert diese?
Wachter: Denkbar einfach. Der Polier kann z.B. über sein Handy mit einem Tastendruck die Heizung bzw. Kühlung bei Arbeitsende auf EcoModus umstellen und damit den Verbrauch reduzieren. Damit werden nicht mehr, wie heute üblich, die noch dazu schlecht gedämmten Baucontainer rund um die Uhr – nachts und am Wochenende - konstant geheizt oder gekühlt.
Belazzi: Was war die Reaktion der Baufirma?
Wachtler. Als sie nach ein paar Monaten die Daten präsentiert bekommen haben, war das Interesse groß. Denn das Einsparpotenzial und damit auch der finanzielle Mehrwert ist beträchtlich. Die durchschnittliche Einsparung bei unserem Pilotprojekt war ca. 25.000 Euro im Jahr, in einer Heiz- und Kühlperiode. Wir als SÜBA geben dieses intelligente Steuerungssystem der Container bei allen unseren Ausschreibungen nun als Muss vor.
Belazzi: Der Energiestandard von Baucontainern ist sehr schlecht. Haben Sie auch hier versucht Verbesserungen zu erreichen?
Wachtler: Ja, haben wir. Jedoch hatten die Containerhersteller wenig interessiert an Änderungen. Hier gäbe es definitiv auch Potenzial.
Belazzi: Ihr nächster Schritt war dann jener, der die meisten Aufmerksamkeit bekam.
Wachtler: Genau. Mit dem deutschen Unternehmen MOWEA, einem Spin-off der TU Berlin, haben wir bei unserem Projekt in Stockerau 16 Mikrowindturbinen mit einem Durchmesser von 1,7 Meter in 30 Meter Höhe auf einen Turmdrehkran montiert, natürlich nach detaillierten Vorplanungen mit Kranhersteller Liebherr, Statikern und den Behörden. Die Idee: Für diese Windturbinen wird keine zusätzliche Fläche versiegelt und kein neuer Mast benötigt, denn sie werden flexibel auf bestehender Infrastruktur installiert. Darüber hinaus können die Mikrowindturbinen einfach und bequem aus der Ferne gewartet und gesteuert werden. Die 16 Windturbinen mit je ca. 1 kW Leistung erzeugen auf einem Kran je nach Windverhältnissen etwa 16.000 kWh pro Jahr. Ein Kran mit diesen Kleinwindrädern kann daher den Jahresstrombedarfs für den Betrieb der Baucontainer und Betrieb der Kleingeräte decken. Als zweite Ökostromquelle haben wir zusätzlich PV-Paneele auf den Containern.
Belazzi: Was machen Sie mit dem Ökostrom am Wochenende, wenn kein Baustellenbetrieb ist?
Wachtler: Ursprünglich wollten wir ihn einspeisen, aber der Netzbetreiber wollte keine Einspeisung über derartige Systeme, nicht einmal kostenfrei! Daher haben wir uns für eine Insellösung mit einem Stromspeicher auf der Baustelle entschieden. Wir verbrauchen den gespeicherten Strom nun selbst. Nach der Baustelle in Stockerau haben wir diese bei unserem nächsten Bauvorhaben in Krems auf einem Kran installiert, wieder als Insellösung. Wieder verbunden mit PV auf den Containern und Energieverbrauchssteuerung mit intelligentem Verteiler und App.
Belazzi: Die SÜBA hat 5 bis 8 Baustellen pro Jahr. Wie kann ihr Know-how breiter genutzt werden?
Wachtler: Wenn jemand an unserem Know-how zu Windturbinen am Kran oder der App interessiert ist, dann sind wir ganz offen und stellen diese Erfahrungen gerne auch kostenfrei zur Verfügung. Jeder Interessent kann das System verwenden. Es wäre sehr spannend, dies gemeinsam auszurollen.
Belazzi: Das ist ein großartiges Anbot. Ich bin sicher, dies wird auf Interesse stoßen. Danke für das Gespräch!
INFO: Interessiert am o. a. Know-how zu Windturbinen oder der App? E-Mail an office@sueba.at
Wien, im Juni 2024